Sonntag, 9. Juni 2013

Meine Gedanken zum Dalmatiner Teil 1

Ende des Jahres 2012 habe ich einen Artikel über Dalmatiner-Zucht geschrieben. Diesem möchte ich nun in drei Teilen auf diesem Blog veröffentlichen. Viel Spaß beim Lesen. Kommentare sind erwünscht!


Präambel


Ich schreibe diesen Artikel, da ich die Rasse des Dalmatiners bewundere. Für mich sind sie Hunde in optischer Perfektion. Da mir insgesamt auch die Gesundheit dieser Rasse am Herzen liegt und ich möchte, dass es diese einmalig getupften Hunde auch in vielen Jahren noch gibt, ist es mit ein Anliegen, die Gesundzucht dieser Hunderasse voranzutreiben. Da ich selbst keine Züchterin bin, kann ich nicht aktiv ins Zuchtgeschehen eingreifen. Das Mittel der Wahl für mich ist also die Aufklärung.
Dieser Artikel richtet sich an Welpeninteressten, Dalmatinerbesitzer, Züchter und die Unterstützer des Dortmunder Appells für eine Wende in der Hundezucht, sowie jeden interessierten Tierschützer und Hundefreund.
Ich habe versucht alle Inhalte so einfach wie möglich zu schreiben, ohne dass die sie an Prägnanz verlieren.
In diesem Artikel möchte ich das Hauptaugenmerk auf das Zuchtgeschehen in Deutschland legen.


1.Einführung


Der Dalmatiner ist eine lebensfrohe und grundsätzlich gesunde Hunderasse. Dies hat vor Allem in der sehr aktiven Natur und Geschichte dieser Rasse seine Begründung. Ein Hund der täglich viele Kilometer neben schnell fahrenden Kutschen laufen musste, kann sich weder große Defekte des Knochensystems noch der allgemeinen Gesundheit erlauben.
Dennoch leidet der Dalmatiner an zwei häufiger auftretenden gesundheitlichen Defekten. Der erste ist die Taubheit, die ihre Ursache in der weißen Grundfärbung des Felles hat. Es ist anzunehmen, dass zwischen 8%[1] und 3%[2] der Dalmatiner vollkommen taub zur Welt kommen. Ein etwas größerer Teil wird einseitig taub geboren.[3] Der größte Teil jedoch ist beidseitig hörend.[4] Hier handelt es sich um ein polygenetisches Problem, welches durch einfache Zucht nicht zu beheben ist. Die aktuellen Bemühungen taube und einseitig taube Dalmatiner über audiometrische Untersuchungen zu erkennen und von der Zucht auszuschließen ist das Mittel der Wahl und auf jeden Fall zu unterstützen.
Die zweite gesundheitliche Einschränkung ist die so genannte Hyperurikosurie, die beim Dalmatiner auf ein fehlendes Transporterprotein beim Harnsäure-Abbau zurückzuführen ist. Da die Folgeerkrankungen oft erst spät erkannt werden, ist die öffentliche Wahrnehmung nicht so hoch wie bei der Taubheit. Der Hund leidet unter der Hyperurikosurie jedoch wesentlich mehr, da sich hier Schmerzen und medizinische Komplikationen entwickeln können, die unter Umständen auch das Leben des Hundes bedrohen können.


2.Die Hyperurikosurie bei Hunden


Die Hyperurikosurie bei Hunden ist, eine Erkrankung, die für diese Gattung Canis als untypisch zu betrachten ist. Normalerweise haben Hunde (und Hundeartige) einen Stoffwechsel, der Harnsäure aus dem Blut in der Leber in Allantoin umwandelt. Dieses ist wasserlöslich und kann so leicht über die Blase, im Urin gelöst, ausgeschieden werden. Der Wert an Harnsäure, den ein gesunder Hund über den Urin ausscheidet liegt bei durchschnittlich 40mg/dl. Hunde mit dem fehlenden Transporterprotein können die vorliegenden Purine aus der Nahrung nicht in Allantion umwandeln, sondern ausschließlich zu Harnsäure.[5] Der durchschnittliche Wert den diese Hunde über den Urin ausscheiden liegt bei 400-800mg/dl. Da Harnsäure jedoch wesentlich schwerer löslich ist, als Allantion kann sich unter bestimmten Bedingungen (ph-Wert, Säure-Konzentration) Urat-Salz bilden. Dieses hat wiederum die Eigenschaft zur Bildung von Harngries und Harnsteinen.[6]
Die Größe dieser Steine kann variieren, aber werden diese zu groß, so können sie die Harnröhre des betroffenen Hundes verschließen und zu massiven gesundheitlichen Problemen führen. Wird hier nicht schnell genug gehandelt und veterinärmedizinisch eingegriffen, kann dem betroffenen Hund die Blase platzen und er daran verenden. Männliche Hunde leiden öfter an diesen Problemen als weibliche, dies liegt vor allem daran, dass der Harnleiter bei Rüden länger ist als bei Hündinnen. Die betroffenen Hunde haben Schmerzen und müssen oft mit teuren Medikamenten und Spezialfutter behandelt werden. Dies bedeutet meist einen massiven Einschnitt in die Lebensqualität des einzelnen Hundes.[7]

3.LUA-HUA


Der Dalmatiner ist eine Hunderasse bei dem diese Hyperurikusorie wahrscheinlich im kompletten Rassebestand vorliegt. Das bedeutet, dass es keinen einzigen bekannten Vertreter gibt, der einen gesunden Haursäure-Metabolismus hat. Im Lexikon der Veterinärmedizin wird von einem Prozentsatz von 77% der erkrankten Tiere gesprochen.[8] Jedoch, gibt es auch andere Quellen, die von einer kompletten Durchdringung der Rasse sprechen.[9] Fakt ist, dass mehrere, voneinander unabhängige und räumlich getrennte Versuche in den USA, Groß-Britannien und Europa, einen Vertreter der Rasse ohne den Defekt, zu finden nicht erfolgreich waren. Alle getesteten Hunde hatten den Defekt.[10] Es ist zwar nicht auszuschließen, dass es einen Hund ohne den Defekt gibt, jedoch wäre die Suche nach diesem unverhätlnismäßig schwer, wenn sie denn erfolgreich wäre.
Dies hat zur Folge, dass potentiell alle Dalmatiner an Urat-Steinen erkranken können. Jedoch ist es nicht zwingend, dass jeder Dalmatiner im Laufe seines Lebens an Urat-Steinen, oder -Gries erkrankt. Nach Schätzungen der Dalmatinerverbände, Veterinäre und Züchter handelt es sich um eine Zahl  zwischen weniger als 10% und maximal 30% der Dalmatiner die Steine ausbilden und daran erkranken.[11] Eine genauere Zahl wird es höchstwahrscheinlich nie geben, da weder die genaue Anzahl der Dalmatiner vorliegt, noch jeder Halter, Veterinär oder Züchter über diese gesundheitliche Besonderheit weiss. Die bisherige Behandlung bestand vor allem aus einer besonderen Fütterung (minimale Purinaufnahme und maximal 21% Protein insgesamt im Futter, wobei es auch Gegenstimmen zu der Begrenzung der Proteinmenge gibt), sowie ausreichender Wasserzufuhr, als auch Gelegenheit für den Hund sich zu lösen. Bei bereits bestehenden Erkrankungen wurde medikamentös eingegriffen um die Urat-Steine zu lösen, was unter Umständen zur Folge hatte, dass sich andere Steine bilden konnten. Das Problem bei diesen Behandlungsmöglichkeiten ist aber vor Allem, dass sie keine Garantie für ein gesundes Hundeleben sind. Auch Hunde, bei denen alle Präventivmaßnahmen ergriffen wurden, können an Urat-Steinen erkranken.[12]
In 1938 kreuzten in den USA zwei Biologen (Trimble und Keeler) einen Dalmatiner mit einem Collie um der Ursache für die Hyperurikosurie beim Dalmatiner zu erkunden. Alle Welpen dieses Wurfes waren frei von Hyperurikosurie, was über Urin-Tests herausgefunden wurde. In folgenden Rückkreuzungen haben sie beobachtet, dass die Abwesenheit von Stichelhaar (also klare und farbliche reine Flecken) in den Flecken ein Zeichen für den gestörten Harnsäure-Stoffwechsel sein kann. Daraus schlossen sie, dass 1. der Defekt sich autosomal-rezzesiv vererbt und 2. der Defekt auf dem gleichen Gen sein musste, auf dem auch die Fleckung bestimmt wird.[13]
Da der Gendefekt für die Hyperurikosurie in der gesamten Population des Dalmatiners besteht, kann man diesen nicht durch ein Rasse-internes Zuchtprogramm beheben. Hunde, die diesen Defekt haben kann man daher als HUA (High Uric Acid) bezeichnen. Ihm gegenüber stehen die sogenannten NUA (Normal Uric Acid) oder in Dalmatinerkreisen oft auch als LUA (Low Uric Acid) bezeichnete Hunde (Es gibt wenige Dalmatinerzüchter vor allem in USA, die auch NUA statt LUA verwenden). In anderen Hunderassen ist dieser Gendefekt nicht, oder nicht so stark verbreitet wie beim Dalmatiner. Betroffen sind aber die Rassebestände des Schwarzen russischen Terriers und der Englischen Bulldogge.[14]


[1] Vgl: http://www.leveste.de/dalmaweb/ohrinnen.htm
[2] Vgl: http://www.drachenstein.ch/Dalmatiner/Dalmatiner.html#krankheiten
[3] Vgl: http://www.leveste.de/dalmaweb/ohrinnen.htm
[4] Vgl: http://www.leveste.de/dalmaweb/ohrinnen.htm
[5] Vgl: http://www.patho.vetmed.uni-muenchen.de/12%20Stoerung%20Nukleinsaeurestoffwechsel.pdf S. 4
[6]Vgl. http://www.ivis.org/advances/rc_de/A4509.0608.DE.pdf?LA=5 & Vgl. Meurer, Wolf: Allgemeine Pathologie: Kompendium für Veterinärmedizin, S. 81-82
[7]Vgl: http://www.luadalmatians.com/Basics.html
[8]  Zitat: Ekkehard Wiesner, Regine Ribbeck (Hrsg.): Lexikon der Veterinärmedizin S. 310.
[9] Vgl. N. Karmi u. a.: Estimated frequency of the canine hyperuricosuria mutation in different dog breeds. In: Journal of veterinary internal medicine / American College of Veterinary Internal Medicine. Band 24, Nummer 6, 2010 Nov-Dez, S. 1337–1342
[10] Vgl. http://www.lua-dalmatiner.de/
[11] Vgl: http://www.luadalmatians.com/Basics.html
[12]Vgl: http://www.luadalmatians.com/Basics.html
[13] Vgl: http://www.dalmatianheritage.com/about/schaible_research.htm
[14] Vgl: Fachzeitschrift  „Der Terrier“ Ausgabe Juni 2012 & https://genomia.cz/de/test/hyperuricosuria/

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